Mein (ehrliches) Fazit!!!

Dienstag, 19.07.2016

Nun ist mein Au Pair zu Ende. Ich sitze am Flughafen und warte bis mein Gate öffnet. Jetzt ist es 5:21Uhr. Um 6:10Uhr wird erst angezeigt, welches Gate ich benutzen darf. Das Ende war leider mehr bitter als süß, aber vorher muss ich wohl noch etwas erklären.

Ich habe bisher nie wirklich meine Gastfamilie mit einbezogen in meine Berichte, weil ich meinen Blog positiv halten möchte und euch ein Stück teilhaben lassen will an dem, was ich so erlebe. Mit meiner Gastfamilie habe ich nie wirklich viel zu tun gehabt. Leider. Das hat schon ganz am Anfang „angefangen“. Es liegt schon zu weit zurück, um den Tag genau zu benennen. An einem Wochenende, ich glaube es war der Samstag nach meiner Ankunft, da habe ich mit meiner Gastfamilie zu Abend gegessen. Alles schien normal. Am nächsten Tag, habe ich, als ich gehört habe, wie die Gastmutter das Essen vorbereitet hat, schon darauf gewartet, dass sie mich zum Essen holen. Ich bin dann einfach mal hinuntergegangen, um zu schauen, wie weit sie ist, damit sie mich nicht holen müssen. Plötzlich meinte sie zu mir (auf Englisch natürlich):“Ist es okay, wenn erst wir essen und dann du?“ Ich wunderte mich, sagte aber „Ja, klar, ok!“ Was sollte ich schon sagen? Ich habe mir dann später etwas zu essen gemacht. Am nächsten Tag kamen sie dann zu mir und haben gefragt, ob ich die Reste von ihnen haben möchte. Ich habe mir diese dann genommen. Danach haben sie nie wieder irgendetwas in Bezug auf das Essen gesagt. Mir kam das ganze so komisch vor, dass ich die Gastmutter am nächsten Wochenende noch einmal darauf angesprochen habe und sie meinte nur, dass die Kinder dann offener reden, wenn ich nicht dabei bin (das hat sie so natürlich nicht gesagt, aber vom Sinn her schon gemeint, da bin ich mir sicher). So habe ich nie, wirklich nie mit der Gastfamilie mehr gegessen. Am ersten Wochenende hat mir der Gastvater und das Gastmädchen zusammen London gezeigt. Wir sind mit Bussen durch die Stadt und waren in der Pizzeria, was sie auch bezahlt haben, aber danach haben sie mich nie mehr gefragt, was mit ihnen zu unternehmen. Auch als die Gastfamilie Besuch von Freunden und Verwandten hatten, wurde ich nie gefragt, mit ihnen zu sitzen und nicht einmal an dem Geburtstag des Gastjungen (das Gastmädchen hat erst am 1. August). Ganz am Anfang habe ich mich mal zu meiner Gastfamilie vor den Fernseher gesetzt, da ich mir dachte, das wäre gut, um sich ein wenig kennenzulernen. Als ich dann gefragt habe, was sie schauen, hat die Gastmutter weiter in den Fernseher geschaut. Sie war also nicht besonders interessiert daran, sich kennenzulernen. Auch mit den Kindern bin ich nur wenig ins Gespräch gekommen. Der Gastjunge ist meist launisch, kommt mit einem Gesicht wie 3-Tage-Regenwetter von der Schule nach Hause, wobei bei ihm Regen das ganze Jahr über fällt und schafft es nicht ein „Hi“ zur Begrüßung zu sagen. Das Gastmädchen ist da ein wenig offener und gesprächiger gewesen, wobei sie auch recht schweigsam war. So bin ich leider nie wirklich persönlich geworden mit meiner Gastfamilie, was ich wirklich schade finde. Dementsprechend, war der „Abschied“ sehr verhalten. Gestern Abend hat keiner Anstalten gemacht zu meinem Zimmer zu kommen und mich zu holen, um sich zu verabschieden. Versteht mich nicht falsch, ich gehe auch von mir aus auf meine Gastfamilie zu, aber da sie den Tag über gearbeitet haben bzw. in der Schule waren, wollte ich ihnen Zeit lassen sich zu sortieren, um dann einen Moment dafür zu haben. Ich habe dann selbst die Initiative ergriffen, da es schon 20Uhr war und ich mich ins Bett legen wollte, da ich ja früh aufstehen musste. Dem Gastmädchen habe ich dann noch ein Geburtstagsgeschenk gegeben, dass sie gleich aufgemacht hat. Eine kleine Pferdefigur und eine Karte. Der Gastfamilie habe ich dann noch eine Karte geschrieben mit einem selbstgezeichneten Bild von ihrem Haus.

Von ihnen habe ich nichts bekommen, was mich sehr traurig gemacht hat. Ich habe nicht viel erwartet, also nichts Teures, aber ist es so viel verlangt eine Karte zu schreiben? Das hat mich wirklich enttäuscht, da es mir bestätigt hat, dass diese Familie wirklich nicht daran interessiert ist mich kennenzulernen. Ich hab‘ dafür kaum Worte. Zu allem kam leider noch, dass ich angenommen hatte freitags immer hinterher für die Woche bezahlt zu werden. Ich hätte für meinen Flug um 7:10Uhr entweder um Mitternacht mit dem Zug zum Flughafen fahren müssen, wo ich um 2Uhr dort wäre. Meine Familie hätte mich um 22Uhr zum Bahnhof gefahren. Dorthin braucht man 10 Minuten! Die andere Option war es ein Taxi für 42 Pfund zu nehmen. Ich dachte mir, von meinen 70 Pfund kann ich das bezahlen. Nur leider bekam ich mein Gehalt schon 1 Woche im Voraus, was ich nicht wusste bzw. mir nicht bewusst war. Da mein Taxi schon gebucht war und ich ungern die Nacht über nicht schlafen würde, habe ich meine Gasteltern gefragt, ob sie mir Geld leihen können. Ich möchte nicht zu viel verlangen, meine Gasteltern wollten ein Taxi nicht bezahlen, sie meinten es sei zu teuer. Ich weiß von anderen Au Pairs, dass diese sogar den Rückflug bezahlt bekommen, aber da muss ich wohl einsehen lernen, dass man nicht immer alles haben kann. Es ärgert mich allerdings trotzdem. Ich hatte auch kaum noch 1 Pfund mehr, da ich ja damit gerechnet hatte, 70 Pfund zu bekommen und so habe ich mir dann 50 Pfund geliehen. (Jetzt in diesem Moment weiß ich noch nicht, was meine Eltern deswegen sagen werde, aber ich bin bereit das mit Haushaltsaufgaben abzuarbeiten :D). Damit konnte ich dann wenigstens mein Taxi bezahlen, das mich sicher zum Flughafen gebracht hat. Nun möchte ich mich aber nicht mehr beschweren, da meine Gastfamilie allerdings Teil meines Au Pairs ist, wollte ich das einmal erklären.

Nun bleibt vielleicht noch die Frage, warum ich geblieben bin, wenn die Gastfamilie doch so „schlimm“ war. Ich kann es nicht genau sagen. Es sind viele Dinge. Einerseits habe ich das einfach so hingenommen und mir gedacht, das ist halt so. Außerdem hab ich befürchtet, wenn ich wechsle, dass ich weiter weg von London eine Gastfamilie finden würde und somit nicht mehr so einfach in die Metropole kommen würde. Ich dachte mir auch, die nächste Gastfamilie kann genauso „schlimm“ sein oder auch „schlimmer“, deshalb bin ich lieber geblieben, denn von Anfang an, hatte ich schon gute Freunde gefunden, denn Annalena zum Beispiel hat mir schon eine E-Mail geschrieben, 2 Wochen, bevor ich nach Großbritannien kam. So hatte ich, als ich ankam, schon eine Freundin, denn wir haben uns von Anfang an verstanden. Leider hat sie ihre Gastfamilie nach 5 Monate verlassen, da sie mit dieser nicht mehr einverstanden war. Seit September kenne ich auch Lea, die Au Pair in meiner Straße war, mittlerweile ist sie schon in Deutschland. Wir hatten am Anfang nur ab und zu etwas gemacht, waren Kaffee trinken z.B., aber immer öfter und als Annalena gegangen war, haben wir Dienstag bis Freitag jeden Tag etwas unternommen oder bei ihr oder bei mir Mittag essen gekocht und dann noch Fiona, die zwar ihre Gastfamilie gewechselt hat, dann weiter weg eine neue Gastfamilie gefunden hat und wir trotzdem in Kontakt geblieben sind. So hatte ich also immer jemanden „an meiner Seite“ mit dem ich reden und mich von meiner Gastfamilie ablenken konnte (so böse das auch klingt). Als weiteren Grund, glaube ich, wollte ich es auch einfach durchziehen, zu Ende bringen und sagen können: „Ich hab‘s geschafft!“. Das habe ich auch, zwar mit Schrammen, aber auch mit genug schönen Erinnerungen.

Der letzte Grund, der mir einfällt ist wohl London!!! Ich bin so froh, dass diese Riesenstadt so nah von mir war. Sie ist eine unglaublich interessante und vielseitige Stadt. Man kann Stunden damit verbringen durch ihre Straßen zu laufen. Dort leben so viele unterschiedliche Menschen unterschiedlichster Nationen. Es gibt so viele verschiedene Stadtteile, jeder ist einzigartig und obwohl ich nicht jedes Eck von London gesehen habe, ist es doch mehr, als ich mir vorstellen könnte. Ich hätte nicht gedacht, dass mich diese Stadt so beeindrucken würde, aber das hatte es, sehr sogar. Ich hoffe ich konnte euch Teil haben lassen durch meinen Blog und mitnehmen auf meine Entdeckungen und Erlebnisse. Diese Zeit hier werde ich wohl nie vergessen, aber das ist auch gut so, denn es war eine ganz schön lange und prägende Zeit.

Alles in allem bereue ich keine Entscheidung, was das Au Pair angeht, denn so habe ich ganz tolle neue Freunde gefunden und so viele neue Eindrücke und Erfahrungen gesammelt und viel über das Leben die Menschen und mich gelernt – und Putzen und Kochen :D. Ich bin viel selbstständiger geworden, habe gelernt Verantwortung zu übernehmen, sowohl für die Gastkinder, als auch über mich. Ich bin auch viel selbstbewusster und selbstsicherer geworden und habe neue Seiten an mir entdeckt. Ein klein wenig bin ich wohl auch erwachsen geworden, aber erwachsen bin ich noch nicht :D

Würde mich jemand fragen, ob die dasselbe noch einmal tun würde. Nein, ich hätte es nicht getan, ich hätte früher die Gastfamilie gewechselt, hätte es versuchen sollen, eine passendere zu finden, aber das habe ich nicht und das ist auch ok, denn so wie es gekommen ist, ist es schon richtig.

Tschüss England – Hallo Schwabenland!